Segelflugzeug: Die Erdanziehungskraft als Antrieb

Segelflugzeug: Die Erdanziehungskraft als Antrieb
Segelflugzeug: Die Erdanziehungskraft als Antrieb
 
Segelflugzeuge stellen eine Sonderbauform von Flugzeugen dar, da sie über kein Triebwerk verfügen. Sie werden vor allem als Sportgeräte genutzt. In ihrer Form gleichen sie normalen Flugzeugen, sie sind aber durch extrem geringes Gewicht und große Tragflächen gekennzeichnet.
 
Wegen des fehlenden Triebwerks können Segelflugzeuge nicht selbstständig vom Boden aus starten. Man setzt daher Motorschleppflugzeuge oder Seilwinden ein, um Segelflugzeuge zu beschleunigen und in die Höhe zu ziehen. Dabei erzeugen die Tragflächen des Segelflugzeugs den erforderlichen Auftrieb.
 
 Kräfte am Segelflugzeug
 
Der Flug eines Segelflugzeugs, das einmal Höhe und Geschwindigkeit erreicht hat, wird durch seinen Luftwiderstand gebremst. Um weiterhin genügend Auftrieb durch anströmende Luft zu erhalten, muss das Segelflugzeug einen nach unten gerichteten Gleitflug ausführen. Der »Antrieb« eines Segelflugzeugs ist die Erdanziehungskraft, sie hält das Segelflugzeug in Bewegung. Bei einem nach unten gerichteten Gleitflug wirkt die in Flugrichtung liegende Komponente V der Gewichtskraft G der Widerstandskraft W entgegen. Diese Komponente wirkt in Flugrichtung und bewegt das Flugzeug vorwärts. Die zweite Komponente der Gewichtskraft wirkt senkrecht zur Flugrichtung und trägt nicht zur Bewegung des Flugzeugs bei. Sie muss durch den Auftrieb der Tragflächen ausgeglichen werden.
 
 
Günstig gestaltete Segelflugzeuge haben großen Auftrieb bei kleinem Widerstand und ermöglichen einen sehr flachen Gleitflug. Damit kann bei geringem Höhenverlust eine große Flugstrecke erreicht werden. Das Verhältnis von Widerstand zu Auftrieb wird Gleitzahl genannt. Die Gleitzahl lässt sich aus dem Tangens des Gleitwinkels ε, d. h. des Winkels zwischen Flugbahn und Horizontalebene, berechnen. Sie ist abhängig von der Formgebung des Flugzeuges und der Fluggeschwindigkeit. Bei der Geschwindigkeit des besten Gleitens hat die Gleitzahl einen Kleinstwert. Moderne Segelflugzeuge haben neben geringem Gewicht auch eine sehr strömungsgünstige Form und große Spannweiten. So erreichen Hochleistungssegelflugzeuge heute eine Gleitzahl von 0,018. Der Kehrwert der Gleitzahl wird Gleitverhältnis oder aerodynamische Qualität genannt. Dieses beschreibt für das in ruhender Luft gleitende Flugzeug das Verhältnis von horizontaler Flugstrecke zum zugehörigen Höhenverlust. Ein Segelflugzeug mit einem Gleitverhältnis von 30 kann aus einer Höhe von 500 m 15 km weit fliegen.
 
 Nutzung von Luftströmungen
 
In der Praxis setzen Segelflieger nicht einfach nur die beim Start gewonnene Flughöhe in eine Flugstrecke um, sondern versuchen durch Ausnutzung von nach oben gerichteten Luftströmungen Flugzeit und Flugstrecke zu verlängern. Aufwärts gerichtete Luftströmungen entstehen z. B. in bergigen Gebieten durch Wind. Segelflieger können durch geschickte Nutzung der Aufwärtswinde an der Windseite (Luvseite) eines Berges Höhe gewinnen. Nach oben gerichtete Luftströmungen entstehen aber auch durch Erwärmung der bodennahen Luft. Durch Sonneneinstrahlung heizen sich der Erdboden und die bodennahen Luftschichten stark auf und erwärmen die darüber liegende Luft, die dadurch aufsteigt (Aufwind). Diese Thermik kann von Segelfliegern ausgenutzt werden, indem sie in der aufsteigenden Luft kreisen und Höhe gewinnen.
 
 
Motorsegler gleichen in ihrer Form den reinen Segelflugzeugen und haben wie diese weit ausladende schlanke Tragflügel und einen leichten Aufbau. Um selbstständig starten zu können, verfügen Motorsegler über kleine Hilfsmotoren. Damit ist es möglich, auch beim Ausbleiben von aufwärts gerichteten Luftströmungen Höhe zu halten. Wenn der Hilfsmotor nicht benötigt wird, kann er bei einigen Motorseglertypen in den Rumpf eingezogen werden. Bei anderen Ausführungen werden zumindest die Propeller in möglichst strömungsgünstige Stellung gebracht.
 
 Gleitschirme
 
Während herkömmliche Segelflugzeuge und Motorsegler weitgehend ähnlich wie Motorflugzeuge gestaltet sind und z. B. über die gleichen Steuerungseinrichtungen verfügen, haben die seit einiger Zeit im Luftsport verbreiteten Flugdrachen und Gleitschirme keine Steuerruder. Die rechteckige Schirmkappe des Gleitschirms füllt sich im Flug durch Stauluft und gewinnt dadurch ein tragflächenähnliches Profil, das den Auftrieb erzeugt. Kurs und Fluglage werden vor allem durch Gewichtsverlagerung des Piloten beeinflusst, oder es erfolgt eine Steuerung durch Ziehen von Steuerleinen, mit denen die Form und damit das Richtungs- und Auftriebsverhalten des Fluggerätes verändert wird.

Universal-Lexikon. 2012.

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